Mittwoch, 13. April 2011

Die Vorfreude der Trainingsweltmeister!

Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude! Und was gibt es für einen Sportler Schöneres ...
... als sich vor der Wettkampfsaison den schönsten Spekulationen hinzugeben?

Während den Wintermonaten werden die Vereinkollegen (sprich die härtesten, unmittelbarsten Gegner) zum Beispiel beim Schwimmtraining genau unter die Lupe genommen - ob ober oder unter Wasser wird genau inspiziert, wer noch wieviel Winter-Speck auf den Hüften hat.

Bei lockeren Anschlag-Schwimmeinheiten (siehe Bericht vom 9. März 2011) wird ausgetestet wie es mit Form von Freund und Feind aussieht, und wo man selbst steht.

Bei gemeinsamen Laufeinheiten schielt man - das eigenen Keuchen unterdrückend - auf die Pulsuhren der anderen und freut sich über jeden einzelnen Schlag den man selbst niedrieger ist.

Und bei den ersten gemeinsamen Rad-Ausfahrten im Frühjahr ist keine noch zu kleine Steigung und keine Ortstafel vor einem entfesselten Antritt sicher.

Wie schön, dass wir alle Trainingsweltmeister sein dürfen - eine Tatsache, die das härteste Training versüßt, wenn man z. B. einen Berg hochläuft und genau weiß, dass dieses eine, kleine Teilstück noch niemand auf der Welt so schnell gelaufen ist ...

Und natürlich ist die OFF-Saison die Hauptsaison in Sachen wettrüsten, nicht selten werden das gesamte Weihnachtsgeld, die Kinderbeihilfe und Bankraub-Beute im Stammestempel abgeliefert
- als Anzahlung ...

Monate lang hat man auch Zeit für die eigene Wettkampfplanung.
Bei der Wettkampfplanung für die kommende Saison unterscheidet man zwei Grundtypen:

Typ 1 - der "In-Fighter", der den Kampf Mann gegen Mann sucht

Typ 1 schaut, dass er bei möglichst vielen Wettkämpfen mit großen Starterfeldern auf seine Vereinskollegen und Lieblingsgegner trifft. Vereinsmeisterschaften sind das gefundene Fressen für ihn und wichtiger als Weltmeisterschaften oder die Olympischen Spiele.

Er lässt auch im Training keine Gelegenheit aus seine Kollegen abzusprinten ob zu Wasser, am Schlachtross oder beim Laufen.

Wenn er alleine trainiert kann er maximal 49 Prozent geben, der "In-Fighter" braucht den Feindkontakt, er muss den Schweiß des Gegners riechen - dann steigert er sich im Blut- bzw. Laktatrausch auf 200 Prozent und mehr!

Typ 2 - das "ergebnisorientierte PR-Genie", dass den Sieg des geringsten Widerstandes sucht

Typ 2 sucht Wettkämpfe rein nach Erfolgsquote und Siegeschancen aus. So tritt er oft als einzige Staffel bei drittklassigen Bewerben an. Keine Reise (z. B. nach Ungarn) ist ihm zu weit, wenn er sich nach dem Bewerb dafür als bester Österreicher bezeichnen darf. Und vor allem versteht er es seine Erfolge pr-technisch in der Presse bestens zu vermarkten. Typ 2 ist natürlich auch ein ehrenwerter und ambitionierter Sportler und er würde auch nie lügen, so kleine Details wie, dass der gefeierte Platz 2 bei nur zwei Teilnehmern in der Altersklasse nicht ganz so schwer zu erreichen war, vergisst er völlig unabsichtlich ...

Ob Typ 1 oder 2 vor den Wettkämpfen wird am Sportstammtisch heftig diskutiert, wer, wo, was, warum erreichen wird oder eben nicht, und wer, wo, wann, wie und warum zu viel trainiert hat.

Zu Hause wird dann der Rechenstift gezückt und es werden zu erwartende Kilometerzeiten für kommende Wettkämpfe mit den Pulswerten der letzten 10 Jahre verglichen, das Ganze mit dem Laktatwerten der letzten Tests multipliziert und durch die Trainingswochenstunden dividiert.

Und was das Schönste ist:
Das Träumen von schmerzfreien, entfesselten Zieleinläufen als strahlender Sieger!
(und wenn es nur der Sieg über sich selbst ist ...)

Die geträumte Champagner-Dusche am Siegespodest!

Die tausenden Fans die einem im Traum zujubeln,
wenn man den letzten Gegner beim Zielsprint stehen lässt.

Der Traum der Träume, wenn man schlafwandelnd,
breit grinsend seinen Hawaii-Slot entgegen nimmt.


Exkurs:
Liebe Frauen von Triathleten!
Das einzige Feuchte an den Träumen eurer Männer sind die Schwäme an den Labestationen.
Triathleten träumen nicht von anderen Frauen, es sei denn sie sind aus Carbon!

So plant, rechnet und träumt auch der Weiße Kenianer seit Monaten vor sich hin, doch spätestens am Sonntag wird ihn die harte Realität beim Vienna City Marathon einholen, wenn die ganze Welt und vor allem er selbst einen neuen Weltrekord erwarten.

Doch noch hat der Weiße Kenianer ein paar Tage Zeit zu träumen,
bevor aus seinem Traum wieder einmal ein Trauma werden wird ...

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